
Segedin, den 14. Oktober 1917.
Hochgeehrter Herr!
Schon lange glaube ich für meine große
Sammlung von Übersetzungen „Aus fremden
Gärten”, wovon schon siebzig Hefte erschienen
sind, eine Nummer „Jüdische Balladen” von
Josef Kiss. Jetzt, da mich der Krieg für
längen Zeit auf Ungarn verschlagen hat,
hoffe ich den Plan verwirklichen zu können.
Gedichte von Ihnen sind merhfach ins deutsche
übersetzt worden, gleichwohl nicht von einen
Dichter, der selbst in der deutschen Literatur
Bedeutung und Name hat. Ich betone das,
nur nicht mit anderen Übersetzen in einen
Topf geworfen zu werden. Kennen Sie meinen
Namen noch nicht – aber mein „Spinoza” wird
Ihnen vielleicht bekannt sein – , so orientiert
Sie jeder Lexikon, sogar das ungarische von
Révay. Ich werde mich an Sie um schon Hilfe.

Ich habe Ihre „Gesammelten Gedichte” und finde
deren folgende Stücke, die ich zu übersetzen
gedenke:
Dal a szégeny Árjeról
Simon Judith
Szép Batóné
Kincses Lázár
[törölt]
« L »Jehova
Ferner habe ich Ihr Legenda (A Moldova
hídján).
Jetzt möchte ich Sie fragen, ob Sie nicht noch
andere jüdische Balladen geschrieben haben
und in welchen Ihre Bücher ich die finde. Es ist
jetzt Kriegszeit, außerdem bin ich selbst im
Odysseus, so dass es schwer ist, sich zu orientieren,
und darum darf man sich wohl an den Dichter
selbst wenden. Die also bitte ich Sie.
Ferner möchte ich Ihnen aber noch folgendes
zu bedanken geben.
In der Legende kommen folgende Zeilen vor:
Nyujtózkodik frakkban
Kialvófélben a kocsis pipája

Sie vergessen da, dass die Legende sok száz
éve régen spielt, dass es damals Frack und Pfeife
nich gegeben hat. Ich bitte Sie also, diese beiden
Zeilen so zu ändern, dass dieses sonst so schöne
Gedicht ohne eine Anmerkung, die darauf
hinweist, gebracht werden kann. Ich werde dann
Ihren neuen Text in der Anmerkung geben,
jedoch den alten nicht übersetzen. Dem solche
Anachronismen sind immerhin peinlich.
Dann noch eines. Sie schreiben immer Jehova.
Sie werden wissen, dass dies eine Unform ist,
auch wissen, dass nur die christliche Theologie in zu¬
erst seit dem 17. Jahrhundert diese Form aufge¬
bracht hat. Sie ist unmöglich und ganz unmöglich
in Gedichten von ausgesprochen jüdischer Färbung.
Ich begreife geradezu gar nicht, wie Sie sie über¬
nehmen konnten. Gelegentlich verwenden Sie
ja auch Adonaj. Auch hier bitte ich Sie, überall
den einzig richtigen Namen Adonaj einge¬
setzen.
In Jüdisch Simon fällt mir auf:
Lakzinak bevaló keresztelőt csapnak

Vielleicht gebraucht der ungarischen Jüde diesen
Ausdruck; jedenfalls wäre der terminus
technicus günstiger. Denken Sie auch hierüber
noch. Jede von uns aufs ja fruchten, seine
Werke so vollkommen zu machen, wie es ihm
möglich ist. Ich betone ausdrücklich, dass es
meinerseit nicht Rücksichtlosigkeit ist, sondern
nur das beheben Gedichte, die ich als ganzes
hochschätze, von die kleinen Fehlern, die ich entdeckte
rein zu erhalten.
Und nun noch eine Bitte: welche Ihre
jüdischen Balla¬
[törölt]
« dischdisti »den sind bisher übersetzt worden? Und wo sind sie
gedruckt? Denke ich als Übersetzer geradezu
wissenschaftlich arbeite, ist es mir von Weit,
meinen Vorgänger zu kommen.
Ich schreibe aus Segedin, fahre jedoch dieser
Tage nach Hermannstadt und habe dort meinen
ständige Adresse.
In Hochschätzung und Verehrung
Ihr ergebener
Otto Hauser
Nagyszeben
Friedenfeltstr.
14.
[rövidítés]
bei Herrn Dr. E. Jekelius